Android 12 macht Fortschritte.

Foto: Proschofsky / STANDARD / Grafik: Google

Das Rad der Weiterentwicklung dreht sich auch in der Pandemie unermüdlich: Mit der Developer Preview 2 hat Google nun eine neue Testversion für das kommende Android 12 vorgestellt. Folgt man dem offiziellen Blogeintrag, beschränken sich dessen Neuerungen auf für Entwickler relevante Features. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber schnell: Google bereitet gerade einige durchaus interessante Verbesserungen für sein Betriebssystem vor. Diese sollen eigentlich erst mit einer späteren Testversion offiziell enthüllt werden, einiges davon ist aber schon jetzt – wenn auch noch in einer unfertigen Version – enthalten. Bei anderen Neuerungen ist es wiederum XDA Developers gelungen, diese über versteckte Einstellungen zu aktivieren.

Ein-Hand-Modus

Zu den bereits verfügbaren Neuerungen gehört ein Ein-Hand-Modus, wie man ihn von iOS, aber auch manchen Android-Drittanbietern kennt. Über eine Geste kann dabei das User Interface temporär auf den unteren Bildschirmbereich beschränkt werden, damit die Elemente leichter zu erreichen sind. Dessen Aktivierung ist immer nur eine temporäre Maßnahme, nach wenigen Sekunden springt die Anzeige also wieder zurück.

Bei vielen Android-Smartphones ist es jetzt schon möglich, über eine Wischbewegung nach unten am Homescreen den Benachrichtigungsbereich aufzurufen. Künftig funktioniert das auch, wenn andere Apps im Vordergrund sind. Es ist davon auszugehen, dass Google dafür einmal mehr auf Maschinenlernen zurückgreift, um solche Eingaben von normalen Scrollbewegungen zu unterscheiden. Unklar bleibt dabei, ob dieses Feature Pixel-Geräten vorbehalten bleibt oder auch für andere Smartphones angeboten wird.

Bei XDA Developers hat man Teile des neuen Designs bereits aktivieren können.
Grafik: XDA Developers

Theming und neues Design

Bereits in der Developer Preview 1 waren die ersten Spuren eines neuen Theming-Systems samt eines frischen Looks für Android zu sehen. Von Haus aus ist dies zwar weiter nicht aktiviert, wer Root-Berechtigungen hat, kann das aber nachholen. Dabei zeigt sich, dass auf Wunsch zunehmend die Farbe des Wallpapers in die Gestaltung der UI-Elemente einbezogen wird, also etwa Auswirkungen auf die Darstellung in den Systemeinstellungen hat. Apropos optischer Feinschliff: Sowohl die Widget-Liste als auch die Darstellung der Mustereingabe sowie der PIN-Eingabe am Lock Screen wurden überarbeitet. Auch "Toast"-Messages, die über dem restlichen Geschehen für wichtige Informationen genutzt werden, haben jetzt einen neuen Look. Auffällig ist zudem, dass der Dark Mode für Pixel-Geräte deutlich heller geworden ist, also jetzt eher einem dunklen Grau entspricht. Und auch die lange versprochenen scrollenden Screenshots gibt es im offiziellen Android von Google künftig.

Suche

Durchaus überraschend kommt hingegen eine weitere Entdeckung: Google arbeitet offenbar an einer neuen, ausschließlich lokalen Suche. Diese könnte im Pixel Launcher statt der bisherigen, mit Online-Ergebnissen von Google kombinierten Suche zum Einsatz kommen. Bereits vor einigen Monaten im Android-Source-Code erstmals entdeckt, ist jetzt eine weitere Neuerung in einer veröffentlichten Version gelandet: ein "Game Dashboard", das schnellen Zugriff auf Screenrecording, Youtube-Streaming und andere für Spielestreamer wichtige Funktionen versammelt. Ebenfalls bereits vorab durchgesickert und jetzt mit dabei ist ein smarter Autorotate-Modus, der mithilfe der Kamera die Position des Gesichts feststellt. Dies soll sicherstellen, dass die Anzeige wirklich nur dann dreht, wenn man den Breitmodus verwenden will – und nicht einfach, weil man gerade seitlich im Bett liegt.

Ganz offiziell erwähnt Google eine weitere Verbesserung: Der Bild-im-Bild-Modus wurde weiter verfeinert. Bereits seit der DP1 lässt sich das Fenster größer als früher machen, jetzt gibt es zusätzlich einige neue Gesten. Dazu gehört, dass ein Doppel-Touch nun das Fenster maximiert, auch eine Pinch-to-Zoom-Geste zur Vergrößerung wird jetzt unterstützt. Zudem können Apps nun dem System die Wahl der Größe des Bild-im-Bild-Fensters ganz überlassen.

Neue Schnittstellen

Zu den einleitend erwähnten offiziellen Neuerungen gehören Schnittstellen, die den Datenaustausch mit Fitnesstrackern und Smartwatches zuverlässiger machen sollen, indem sichergestellt wird, dass die zugehörige "Companion App" am Smartphone auch tatsächlich läuft, wenn sie benötigt wird. Schnittstellen für die Einbeziehung der bei vielen Geräten genutzten abgerundeten Ecken sind ebenfalls neu hinzugekommen. Außerdem gibt es jetzt einfache Möglichkeiten für App-Entwickler, Blur- und Farbeffekte zu verwenden. Ein eigenes API schätzt in Android 12, wie viel Bandbreite einem Nutzer zur Verfügung steht – um darauf basierend dann die Funktionalität der App anzupassen.

Grafik: XDA Developers

Verfeinert werden die Möglichkeiten für Benachrichtigungen am Lock Screen. So können App-Entwickler künftig genauer festlegen, was an dieser Stelle – und damit offen sichtbar für alle, die das Gerät in die Hände bekommen – dargestellt wird. Auch was bei einzelnen Benachrichtigungen erlaubt ist, kann künftig feiner bestimmt werden. Damit könnte dann etwa die Darstellung einer Nachricht am Lock Screen erlaubt, aber deren Entfernung ohne weitere Autorisierung verhindert werden.

Eine sehr mächtige Möglichkeit von Android sind die sogenannten "System Alert Windows", die über andere Inhalte eingeblendet werden können. Das ist allerdings auch aus einer Sicherheitsperspektive nicht unproblematisch. Immer wieder hat Schadsoftware in den vergangenen Jahren ebendiesen Trick benutzt, um die Nutzer mit falschen Fenstern zur Herausgabe sensibler Daten zu bringen. Entsprechend hat Google die Nutzung dieser Funktion in den vergangenen Android-Versionen immer stärker eingeschränkt. Mit Android 12 geht man noch einen Schritt weiter, Apps können nun generell die Anzeige von solchen Fenstern über ihre Inhalte verbieten.

Ausblick

Der weitere Zeitplan sieht im April die Veröffentlichung einer weiteren Developer Preview vor, bevor es dann im Mai ernst wird: Für dann ist nämlich die erste Beta-Version geplant. Für diese behält sich Google üblicherweise die offizielle Ankündigung all der neuen, für die Nutzer wirklich sichtbaren Neuerungen von Android 12 vor. Spätestens dann sollte es also Details zum neuen Design und dem erweiterten Theming-System geben. Die fertige Version von Android 12 wird nach einer Reihe weiterer Testversionen für Anfang September erwartet.

Wer die Developer Preview 2 testen will, muss dafür zwei Dinge mitbringen: ein aktuelles Google-Smartphone – ab dem Pixel 3 – sowie gewisses technisches Know-how. Müssen diese frühen Testversionen doch manuell aufgespielt werden, die Auslieferung über das offizielle Beta-Programm – und damit als optionales Update direkt an das eigene Smartphone – soll erst im Mai gestartet werden. (Andreas Proschofsky, 18.3.2021)